Über den Ghettoblaster

Die älteste Hip Hop Radioshow in Deutschland kommt aus Nürnberg. Gegründet 1988 sendet sie jeden Samstag von 17 – 19 Uhr auf Radio Z 95,8 Mhz Musik und Infos über den Äther. Die Wiederholung via DAB+, Kabel und Livestream ist am Sonntag drauf von 10 bis 12 Uhr morgens (bzw. mittags für die Frühaufsteher), über den Livestream ist sie Weltweit zu empfangen.

Link zum Livestream: http://www.ghettoblaster-radio.net

Diese Webseite betreiben dissidentin und nino berry

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Die Ghettoblaster Geschichte

Deutschlands erste Hip Hop Sendung im Radio

(Ein Beitrag von Michael Neujahr aus dem Buch „Wenn der Sinn nach Umsturz steht – 10 Jahre Radio Z“ aus dem Jahr 1998)

Im Oktober 1988 fing alles an. Damals fragte man sich, ob es gehen würde, zur besten Sendezeit am Samstag zwischen 16:00 Uhr und 19:00 Uhr drei Stunden lang HipHop zu senden. Bei Radio Z in Nürnberg schon, dem sogenannten freien Radio, das sich über Beiträge von den damals 1300 Mitgliedern und über ein bißchen Werbung finanzierte.

Im Oktober 1988 bestand die Redaktion aus acht Leuten: Rüdiger „Rudi The Boomerang“ Schmidt, Jan „Dandy Ian“ Engelhardt, Wolfgang „DJ WX Rey“ Reyscher, Tommi „Superhartmut“ Linz, Uwe „Mute“ Eckart, Thomas „Tombo“ Bock, Thomas „Zack aus Sack“ Stingl und nicht zu vergessen Martin „MCP“ Peetz von der Technik.

Alles fing mit dem Superhartmut an, ein fränkisches Dialekthörspiel in Fortsetzungen. Eine Gruppe von Leuten, die zum Teil zu der Band Johann Raumschiff und die Triebwerke gehörten, ließen den Superhartmut täglich fünf Minuten lang Abenteuer im Raum Nürnberg/Fürth/Erlangen erleben. Diese Rubrik war natürlich auch im Ghettoblaster zu hören. Das ursprüngliche Konzept war gar nicht als reine HipHop Sendung gedacht, eher als eine Sendung mit Ethno und Indipendent Elementen. Diese fielen aber bald heraus.

Als erster Programmpunkt wurden neue Platten vorgestellt, die von Dandy Ian und Rudi The Boomerang moderiert wurden. Dann folgte ein Feature, der wöchentliche Mix von DJ WX Rey. Den krönenden Abschluss, die letzte Viertelstunde im Ghettoblaster gehörte der Rubrik „Telefonterror“. HörerInnen konnten anrufen und der Öffentlichkeit ihre Meinung geigen. Diese Rubrik gab es dann auch eine Zeitlang, bis zuletzt immer mehr Leute angerufen haben, weil sie gedacht haben, es gebe etwas zu gewinnen.

Ein Highlight waren auch die Ghettoblaster-Parties, z.B. im Rührersaal Nürnberg oder unter anderem im Volkstanzhaus Kitsch in Fürth. Mit dabei waren auch die damaligen Stars der Nürnberger Hip Hop Szene „King Size Terror“ (Merkmal: krachende und pfeifende Samples, Hardcore Rap englisch und türkisch) und die Ice Force (Merkmal: Rap unterlegt mit Scratching und Human Beat Box). Bei diesen Parties ging es aber immer eher um Spaß, Blödeln und Party und nicht um die Exponierung von Leuten, die sich grenzenlos überschätzen. Die Band „King Size Terror“ war zu dieser Zeit häufiger Gast in den Ghettoblaster Sendungen“.

Es gab aber auch einige HörerInnen, die gar keine HipHop Musik mochten, sondern ihnen gefiel die Art der Sendung und der Comedy. Ich selbst war zu diesem Zeitpunkt Stammhörer und versäumte keinen Samstagnachmittag, um die Sendung zu verfolgen und ließ natürlich immer auf meinem Kassettenrekorder die Aufnahmetaste gedrückt. Die Zeit verging und natürlich besteht das Leben auch aus Veränderungen. Zum Einen wurde die Sendezeit um eine Stunde verkürzt, aber auch die Mannschaft wechselte im Jahr 1989. Und das Programm wurde ein bißchen umstrukturiert, da hinter dieser Sendeform natürlich auch sehr viel Arbeit steckt.

Das Programm richtete sich natürlich noch immer gegen das Mainstream-Radio, gegen die Musik aus dem Computer, die fast jeder Moderator bei irgendeinem anderen Sender vorgeschrieben bekommt. Die Ghettoblaster Crew bestand von da an aus Harald Zapf, Roland Eckstein, Manfred „the Whistler“ Schirmer (Prescher) und natürlich Franz „The Man Behind The Technique“ Blinzler.

Das Sendeschema vom Ghettoblaster bestand dann nur noch aus purem HipHop mit Hintergrundinformationen. Es wurden Importplatten gespielt und zwar ausschließlich schwarze und natürlich von der Sorte, die nicht unbedingt in jedem Plattenladen erhältlich sind. Manfred ist mir zum ersten mal als Hörer aufgefallen, als er ein richtig langes Referat über die „Nation of Islam“ in der Sendung gehalten hatte, was mich sehr beeindruckte.Natürlich diente Ghettoblaster immer noch als Forum für DJs und Bands.

Nicht nur die Belegung änderte sich, sondern auch die Musik. Es gab im Hip Hop immer mehr Funk und Jazz Samples (z.B von James Brown oder von Zapp), außerdem erschienen jede Woche immer mehr Platten, sodass für die Originale immer weniger Zeit im Ghettoblaster blieb. Also wurde für die Original Songs am Freitag zwischen 23:00 Uhr und 24:00 Uhr Platz geschaffen. Diese liefen dann unter der Rubrik „Americanos“ und wurden von Manfred Schirmer (Prescher) und Harald Zapf moderiert.

Ich selbst befand mich noch immer im Ghettoblaster-Fieber, nahm meinen Mut an einem Maiwochendende im Jahr 1991 zusammen und rief bei Radio Z an, ob ich mal vorbeikommen könnte und bei einer Sendung zusehen dürfte. Schließlich nahm ich dann ein paar Platten und CDs mit und marschierte mit meinem Gepäck zu Radio Z. Harald und Roland befragten mich zunächst einmal über meine Hip Hop Kenntnisse und zudem war ich überrascht, dass sie mich auch gleich zum Mitmoderieren einluden. Und somit wurde ich dann seit Mai 91 ein fester Bestandteil in der Redaktion. Da sich herausstellte, dass mein Wissen nicht nur durch Hip Hop geprägt ist, sondern in mir auch Soul und Funk tiefverwurzelt ist, moderierte ich etwas später auch Americanos mit. Ghettoblaster hatte im Laufe der Zeit immer mehr Live-Studio Gäste wie z.B. die Fantastischen Vier vor ihrem Auftritt im Kunstverein. Aber auch Bands und DJs aus der Umgebung, ja sogar aus Bamberg (dort kann man Radio Z gar nicht empfangen) kamen ins Ghettoblaster Studio. Selbst die Ghettoblaster Party im U4 in Schwabach war ein großer Erfolg. Aber auch diese Redaktion löste sich bis März 1994 auf. Manfred verließ die Redaktion schon im Frühjahr 1993, Harald musste immer mehr Zeit seinem Amerikanistik Studium widmen, Roland und Franz konnten aus zeitlichen Günden am Samstag nicht mehr kommen und auch ich musste aus diesen Gründen am Samstag kaputulieren. Also musste April 1994 wieder eine neue Ghettoblaster Redaktion gefunden werden, schon allein deshalb, weil diese Sendung nicht mehr aus dem Programm von Radio Z wegzudenken gewesen wäre. Wally sprang deshalb als Retterin in der Not ein, bis drei junge Herren aus Nürnberg sich bereit erklärten, diese Sendung zu machen. Es war ein altbekanntes Redaktionsmitglied aus der ersten Ära des Ghettoblasters und zwei neue Moderatoren. Zum einem hatte sich Zack wieder ein Herz gefasst einzusteigen und dazu dann Achmed und Michael mitgebracht. Natürlich änderte sich auch gezwungenermaßen wieder das Programmschema. Im Vordergrund standen diesmal Comedy und Hip Hop. Doch auch diese Redaktion hielt leider nicht lange Stand.

Wally rief mich im Frühjahr 1995 an, ob ich nicht doch wieder Zeit und Lust hätte, im Ghettoblaster mitzumachen. Währenddessen lernte ich auch unseren Philipp „Funky Phil“ Melzer kennen, ein wirklicher Radio- und Jinglefreak, der dann mit mir ab Juli 1995 nach dem Umzug zum Kopernikusplatz und nach der kleinen Sendereform am Samstag im Rahmen der Tanzstunden den Ghettoblaster moderierte. Schließlich hatte sich nun auch Philipp verändert und verließ die Redaktion im Januar 1997. Also musste ich ab da die Sendung alleine bestreiten.

Es gab aber auch immer wieder Studiogäste, wie z.B. Orkan Gazi und Kanveter, die hin und wieder mal in der Sendung vorbeischauten und ihren nächsten Gig ankündigen. Ebenso Musiker wie z.B. Cora E, Be, The Sliders, Plastik usw. gaben sich die Türklinke in die Hand.

Doch wie es der Zufall so will, sprach mich jemand unverhofft im Plattenladen an und sagte, dass er den Ghettoblaster hören würde und wir kamen über Rap-Musik ins Plaudern. Er sagte mir auch, dass er am Wochenende als DJ unter anderem im Hirsch Black Musik auflegen würde. Und so stimmt es also doch, dass die Musik verbindet, denn seitdem ist Ingo „DJ Ingo“ Klose ein nicht mehr wegzudenkender DJ, der auch unseren Alex „Madspin“ mit in den Ghettoblaster brachte. Unter diesen Voraussetzungen bot es sich natürlich an, wieder eine Ghettoblaster Party zu starten. Schließlich luden wir jeden Freitag im Herbst 97 im „Tor 13″ zum „Frighday Night Jam“ ein, wo sich viele Hip Hop Anhänger einfanden.

Das jetzige Konzept bewährt sich vor allem durch DJ Mixes aus Amerika und Europa, um nicht zu vergessen auch Hintergrundberichte und Informationen zu aktueller Rap Musik. Bis jetzt ist es genau ein Jahrzehnt her, dass sich solch ein Sendekonzept durchsetzen konnte. Aber nicht nur der Ghettoblaster, sondern auch Radio Z selbst.

Man sieht, es gibt genug Leute, die diese Form von Sendungen (wortlastig, mal mehr, mal weniger, keine Computer-Playlisten usw.) befürworten, die es in einer Demokratie auch geben muss, um von dem Einheitsbrei oder Dudelfunk mal Abstand nehmen zu können.

Dieser hörbare Unterschied ist vor allem denjenigen zu verdanken, die in den Redaktionen mitgearbeitet haben. Die keine Kosten und vor allem auch Freizeit gescheut haben, bei dem Programm von Radio Z mitzuwirken. Schließlich wollen wir hoffen, dass wir noch mindestens zehn weitere Jahre senden…

(Ein Beitrag von Michael Neujahr aus dem Buch „Wenn der Sinn nach Umsturz steht – 10 Jahre Radio Z“ aus dem Jahr 1998)

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Fortsetzung folgt…

Ein Kommentar zu „Über den Ghettoblaster

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